„Wiederbelebung ist wie Sex. Lieber schlecht als gar nicht!“ (Rocco Rossi)
Samstag 11 Uhr. Morgen ist der dritte Advent. Es piept. „Bewusstlose Person in Fussgängerzone vor H&M“. Unser kurzer Anfahrtsweg wird durch den weihnachtlichen Einkaufsverkehr verzögert. In der Stadt ist die Hölle los. Wir fahren mit Blaulicht und Martinshorn durch die Fussgängerzone. Fast kein Durchkommen. Der Rettungswagen ist nicht in Sicht, braucht noch länger als wir.
Sieben Minuten nach dem Alarm treffen wir vor dem Geschäft der grossen Bekleidungskette ein. Eine Menschentraube von 15-20 Personen ist davor versammelt. Mühselig bahnen wir uns den Weg durch die Weihnachtsshopper.
Erich ist der Grund des Menschenauflaufes. Er liegt mitten im Zentrum des Interesses. Sein Kopf ist dunkelviolett angelaufen, fast schon schwarz. Der Brustkorb steht still, kein Atem geht, er rührt sich nicht. Und die Menschen drumherum schauen einfach nur zu! Keiner hilft ihm! Keiner versucht seinen Tod aufzuhalten! Wie gebannt sehen sie sich an, wie ein Mensch „live“ stirbt.
Jan und ich beginnen mit den einfachsten Wiederbelebungsmassnahmen: Herzdruckmassage und Beatmung mit dem Beutel. Vier Minuten später als der Rettungswagen da ist, versuchen wir noch zusätzlich das komplette Programm mit Adrenalinspritzen, Schlauch in Luftröhre, Maschinenbeatmung usw.
Nach 45 Minuten mit höchstem Einsatz brechen wir unseren Versuch Erich ins Leben zurückzuholen ab. Er ist gestorben. Mit nur 62 Jahren. Vor den Augen der weihnachtlichen Einkaufsbummler…
Nach diesem frustrierenden Einsatz stelle ich mir zwei Fragen: „Warum hat niemand Erich geholfen?“. Und: „Was kann ICH tun, damit demnächst jemand hilft?“
Ich glaube, diese Gründe halten Menschen davon ab Erste Hilfe zu leisten:
- Die Angst davor etwas verkehrt zu machen, womöglich dem Menschen, dem man helfen möchte noch Schaden zuzufügen.
- Der Ekel vor Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung bei fremden Menschen.
- Die Angst sich vor anderen zu blamieren.
Verständliche Ursachen! Und dennoch: Ich möchte es schaffen, dass diesen Text 100.000 Menschen lesen. Dann wird er Leben retten. Davon bin ich überzeugt. Vielleicht auch mal mein Leben? Dein Leben? Deshalb merk dir diese vier Punkte:
- Drück 100 mal pro Minute mit ausgestreckten Armen auf den Brustkorb!
- Wenn dich der Gedanke an Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung ekelt, dann lass das. Muss anfangs nicht unbedingt gemacht werden. Aber fang auf jedenfall an zu drücken!
- Mach keine Pause bis du abgelöst wirst.
- Du kannst nichts verkehrt machen. Ausser du machst nichts! Lieber schlechte Erste Hilfe, als gar keine! (s. Sex)
PS: Zusammengefasst mag die gute Herzdruckmassage den einen oder die andere auch an Sex erinnern:
PPS: Du weisst nicht wie schnell 100 mal pro Minute ist? Sing im Kopf „TNT“ von ACDC, „Stayin`alive“ von den BeeGees oder „Dancing Queen“ von Abba mit. Dann haste genau den richtigen Takt.
PPPS: Hilf mit diesen Text zu verbreiten und so die Angst vor der Ersten Hilfe zu nehmen. TEILEN! TEILEN! TEILEN!
PPPPS: Du möchtest keine meiner Geschichten verpassen? Dann habe ich eine kleine Bitte. Für das Verteilen meiner Geschichten auf den vielen Facebook-Seiten (Feuerwehr-Seiten, Rettungsseiten, etc.) benötige ich fast soviel Zeit wie zum Schreiben der Stories. Bitte erspar mir künftig diese Arbeit und klick einfach auf dieser Seite auf „Gefällt mir“. Desktop-Like oder Handy-Like.
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Lektorat: T. Kehler
18. Dezember 2016 at 21:33
Wichtig. Wichtiger. Am Wichtigsten.
Wünsche maximale Verbreitung dieses Beitrages.
Aber auch schon selbst erlebt:
„Lassen Sie den Mann in Ruhe mit Ihrem Gedrücke! Sie bringen ihn ja um!“ „Wenn Sie nicht gleich aufhören, den Mann zu malträtieren, zieh ich Sie da weg!“ „Lassen Sie das sein, ich rufe die Polizei!“
Erlebt, im wirklich Leben. Da hilft nur ein kräftiges, überzeugendes “ Maul halten und verschwinden!“
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18. Dezember 2016 at 23:14
Meine Güte, wie kann man einen Menschen beim sterben zu schauen und nichts tun??? Ich habe 2 Künstliche Kniegelenke und kann wenigstens andere Menschen anhalten und sagen was sie wie tun müssen…Sollte niemand da sein und ich in so eine Situation kommen denke ich, ich vergesse meine Knie Teps und helfe. Wegschauen bzw. nichts tun geht gar nicht.
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19. Dezember 2016 at 8:00
Wichtiger Text!
Berufsbeding muss ich noch schnell darauf hinweisen, dass neben den 3 aufgezählten Punkten auch der Bystander-Effekt eine Rolle spielt, warum Menschen nicht helfen, der kurz zusammengefasst besagt: Je mehr Leute ein Unglück beobachten, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand hilft.
Das liegt unter anderem daran, dass Menschen in solchen Situationen unsicher sind und sich deshalb am Verhalten der Umstehenden orientieren. „Wenn die Person neben mir nichts tut, wird es wohl doch kein Notfall sein“. Dazu kommt dann die oben schon genannte Angst, sich zu blamieren, dass man vielleicht als Einziger glaubt, es wäre ein Notfall.
Ein weiterer Punkt des Bystander-Effekts ist, dass je mehr Menschen dabei sind, desto weniger Verantwortung man spürt, selbst helfen zu müssen.
Das Einzige, was gegen diesen Effekt hilft, ist ihn zu kennen und bewusst dagegen anzuarbeiten.
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3. Januar 2017 at 22:09
Auch ich hatte schon vor einiger Zeit dazu geschrieben. Mit Einsatzbericht und Anleitung. https://chaosqueenlein.wordpress.com/2016/02/12/how-to-save-a-life/
Ich hatte auch gefragt ob nicht Erste Hilfe einen größeren Teil in der Schulbildung in Anspruch nehmen sollte. Die Angst etwas falsch zu machen ist leider nach wie vor viel zu groß.
Schönen Abend wünscht das Chaosqueenlein
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2. März 2017 at 9:27
wie wichtig dein Beitrag doch ist!
Ich kam vor 4 Jahren zu einem schweren Autounfall. Vor mir mindestens 3 Autos die umständlich um das verunglückte Auto herum und davon fuhren. Das Auto lag auf dem Dach und halb im Graben. Es war dunkel und regnete. Keine Beleuchtung weit und breit.
Der Fahrer war bereits tot, die Beifahrerin bei bewusstsein. Alleine konnte ich das Auto nicht öffnen und so konnte ich nur alles gut beleuchten (mein Autolicht + Warnblinker) und irgendwann habe ich bemerkt das ein Mann angehalten hat, er stand einige Meter weiter… ich sagte er sollte helfen, aber er hatte zu große Angst, vielleicht hat er den Fahrer vorher schon gesehen.
Ich versuchte andere Leute anzuhalten, aber alle sind panisch davon gefahren, einer hielt und sagte das es ganz recht geschehe, hier wären ja nur Raser unterwegs.
Irgendwann hab ich mich frustriert neben die Beifahrerin in den Matsch gesetzt (ich war vom versuch das Auto zu öffnen eh komplett nass und matschig) und hab versucht sie abzulenken und zu beruhigen bis die Feuerwehr kam.
Ich musste noch lange warten bis ich gehen konnte, ich wollte nurnoch weg. So richtig klar wurde mir das alles erst als ich bei den Freunden ankam die ich an dem Abend besuchen wollte und dort dann heulen und matschig im Wohnzimmer sahs.
Geblieben ist eigentlich dieser Menschenhass. Auf diese Leute die einfach vorbei gefahren sind, können die sich im Spiegel noch ansehen wenn sie das Kreuz am Weg sehen? Meine Güte und dann muss erst ich (zu dem Zeitpunkt 26 jährige Frau) kommen, das fühlt sich einfach falsch und schlecht an!
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